Erbfolge und Testament
Mit diesem Merkblatt möchten wir Sie nicht nur über die gesetzliche Erbfolge informieren, sondern auch über die Möglichkeiten, diese zu ändern. Zwar kann jeder auch ohne rechtliche Beratung ein Testament errichten. Das Testament wirkt aber erst, wenn der Betroffene die Folgen seiner Anordnungen nicht mehr korrigieren kann. Daher sollte eine letztwillige Verfügung nie ohne rechtliche Beratung errichtet werden.
1 Die gesetzliche Erbfolge
Die gesetzliche Erbfolge tritt ein, wenn kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, in dem eine andere Erbfolge angeordnet ist. Einen oder mehrere Erben hat jeder. § 1922 BGB bestimmt: „Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über.“ Erbe kann nur werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt. Beim Erbfall schon gezeugte Abkömmlinge sind erbfähig.
a) Verwandtenerbrecht
Grundsatz ist das Verwandtenerbrecht. Dabei wird unterschieden zwischen Erben verschiedener Ordnungen und dem Ehegatten, der neben den Verwandten gesetzlicher Erbe ist. Gesetzliche Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, also Kinder oder Enkelkinder. Erben erster Ordnung sind auch nichteheliche Kinder, welche erbrechtlich den ehelichen Kindern gleichgestellt sind. Solange ein Kind des Erblassers am Leben ist, werden dessen Kinder (Enkel) von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Gesetzliche Erben zweiter Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge (Geschwister), die jedoch nur erben, wenn gesetzliche Erben erster Ordnung fehlen. Dementsprechend kommen als gesetzliche Erben dritter Ordnung die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge zum Zuge, wenn gesetzliche Erben erster und zweiter Ordnung nicht vorhanden sind. Dieses System kann theoretisch unbegrenzt weiter fortgesetzt werden, wobei jede vorgehende Generation eine weitere Ordnung bildet.
b) Erbrecht des Ehegatten
Der Ehegatte (oder der eingetragene Lebenspartner) ist neben diesen Verwandten stets gesetzlicher Erbe. Er wird neben den Verwandten erster Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte gesetzlicher Erbe. Sind weder Erben der ersten und zweiten Ordnung noch Großeltern zur Zeit des Erbfalls am Leben, erbt der Ehegatte allein.
Wie viel der Ehegatte erbt, hängt nicht nur davon ab, welche Ordnung neben ihm als Erbe zum Zuge kommt, sondern außerdem vom Güterstand, in dem die Ehegatten gelebt haben. Beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil des überlebenden Ehegatten um ein Viertel. Bei Gütertrennung dagegen verbleibt dem Ehegatten nur ein Viertel der Erbschaft, es sei denn, es sind weniger als drei Kinder vorhanden.
Zusätzlich zu seiner gesetzlichen Erbquote erhält der Ehegatte als sog. Voraus die Haushaltsgegenstände, die er zur Führung eines angemessenen Haushaltes benötigt. Erbt er nur zusammen mit Erben der zweiten Ordnung oder Großeltern, erhält er alle Haushaltsgegenstände im Nachlass, die nicht Zubehör zu einem Grundstück sind, und die Hochzeitsgeschenke.
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten und sein Anspruch auf den Voraus endet, wenn beim Tod eines Ehegatten die Scheidungsvoraussetzungen gegeben sind und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hat.
c) Erbrecht des Staates
Sind weder Verwandte noch ein Ehegatte (oder eingetragener Lebenspartner) vorhanden, erbt der Staat, genauer gesagt das Bundesland, dem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört hat. Bevor der Staat den Nachlass erhält, muss das allerdings genau geprüft werden. Und finden sich später doch noch Verwandte, muss der Staat den Nachlass natürlich wieder herausgeben.
2. Testament, gemeinschaftliches Testament und Erbvertrag
Entspricht – wie im Regelfall – die gesetzliche Erbfolge nicht Ihren Vorstellungen, kann diese mit einem Testament, gemeinschaftlichen Testament oder Erbvertrag geändert werden.
Ein Testament kann von einer einzelnen Person errichtet und durch den Testator jederzeit abgeändert oder aufgehoben werden. Es entsteht auch keine Verpflichtung gegenüber den Personen, die im Testament bedacht werden.
Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern errichtet werden. Einen Erbvertrag können auch andere Personen schließen. Beide können insoweit bindend sein, als spätere letztwillige Verfügungen, die ihnen widersprechen, keine Wirkung entfalten. Außerdem können Empfänger von Schenkungen gegenüber bindend eingesetzten Erben oder Vermächtnisnehmern zur Herausgabe des Geschenkes verpflichtet sein. Daher sollten solche Bindungen nur nach sorgfältiger Überlegung und nie ohne rechtliche Beratung eingegangen werden. Beim Erbvertrag ist die Beratung dadurch sichergestellt, dass dieser nur zu notarieller Urkunde geschlossen werden kann. Enthält das gemeinschaftliche Testament oder der Erbvertrag keine ausdrückliche Regelung zum Umfang der Bindung, gelten gesetzliche Vermutungsregelungen, die zu Ergebnissen führen können, die die Verfügenden so nicht bedacht haben. Gerade privatschriftliche gemeinschaftliche Testamente können so für den überlebenden Ehegatten böse Überraschungen bergen.
Das gemeinschaftliche Testament ist zu Lebzeiten beider Beteiligter durch notariell beurkundete Erklärung frei widerruflich. Vom Erbvertrag dagegen kann man sich ohne Zustimmung der anderen Vertragspartei nur lösen, wenn man sich im Erbvertrag den Rücktritt vorbehalten hat. Auch der Rücktritt bedarf dann aber der notariellen Beurkundung. Nach dem Tod eines Beteiligten können Rücktritt oder Widerruf nicht mehr erklärt werden; die nachträgliche Beseitigung der Bindungswirkung ist dann in der Regel nicht mehr möglich.
Alle letztwilligen Verfügungen können durch eine notarielle Urkunde errichtet werden. Beim Erbvertrag ist dies sogar die einzig zulässige Form. Dabei berät der Notar die Beteiligten, so dass die gewünschten Folgen nach dem Tod des Erblassers auch sicher eintreten. Damit die Urkunde nach dem Erbfall auch aufgefunden wird, werden Testamente und Erbverträge (und alle weiteren „erbfolgerelevanten Urkunden“, also z.B. auch Eheverträge, welche den Güterstand und damit die gesetzliche Erbfolge ändern) in dem bei der Bundesnotarkammer geführten Zentralen Testamentsregister elektronisch registriert. Beim Todesfall benachrichtigt das Standesamt das Zentrale Testamentsregister; von dort erfolgt eine Nachricht an das zuständige Nachlassgericht und die verwahrenden Stellen, welche wiederum die Urkunden an das Nachlassgericht abliefern, so dass die Verfügungen im Testament oder Erbvertrag auch beachtet werden.
3. Inhalt letztwilliger Verfügungen
Der mögliche Inhalt von letztwilligen Verfügungen ist im Gesetz abschließend festgelegt. Gleich wie Sie Ihr Testament formulieren – sind nach Ihrem Tod Juristen mit Ihrem Testament befasst, werden sie versuchen, Ihre Anordnungen vor allem in die folgenden Kategorien einzuordnen.
a) Erbeinsetzung
In einer letztwilligen Verfügung können Sie einen oder mehrere Erben bestimmen. Sie können auch festlegen, wer Erbe werden soll, wenn die eigentlich bestimmte Person vor Ihnen stirbt oder das Erbe nicht annimmt (sog. Ersatzerbe).
Der Erbe ist – wie schon erwähnt – der Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Daher kann man keine Erbfolge für einzelne Gegenstände anordnen. Dieser häufige Fehler in privatschriftlichen Testamenten führt immer wieder zu Auslegungsschwierigkeiten oder Streit.
Einen Sonderfall stellt die sog. Vor- und Nacherbfolge dar. Dabei bestimmt der Erblasser, dass bei einem festgelegten Ereignis, in der Regel dem Tod des Vorerben, der Nachlass einer anderen Person zufällt. Der Vorerbe ist nach der gesetzlichen Konzeption eine Art „Erbe auf Zeit“, der nur die laufenden Einkünfte des Nachlasses für sich verwenden, die Substanz aber zu Gunsten der Nacherben erhalten muss. Mit der Vor- und Nacherbfolge wird ein Automatismus in Gang gesetzt, der nach dem Tod des Erblassers kaum noch zu stoppen ist. Das führt zu unerwünschten Ergebnissen, wenn sich die Umstände nicht so entwickeln, wie der Erblasser das erwartet hat (Beispiel: Der Nacherbe verschuldet sich; mit dem automatischen Eintritt des Nacherbfalls können seine Gläubiger auf den Nachlass zugreifen). Diese Gestaltung sollte daher nur in Ausnahmefällen und nach rechtlicher Beratung eingesetzt werden.
b) Vermächtnis
Will der Erblasser einer Person einen bestimmten Gegenstand zuwenden, kann er dies mit einem Vermächtnis tun. Das Vermächtnis gibt dem Empfänger einen gerichtlich einklagbaren Anspruch gegen den oder die Erben, einen bestimmten Nachlassgegenstand zu erhalten. Erfüllen die Erben das Vermächtnis nicht, machen sie sich schadensersatzpflichtig, genau wie sich jemand schadensersatzpflichtig macht, der einen geschlossenen Vertrag nicht erfüllt.
Auch bei einem Vermächtnis können Ersatzvermächtnisnehmer bestimmt werden; es kann also festgelegt werden, wer das Vermächtnis erhalten soll, wenn der eigentlich Bedachte vor dem Erbfall selbst stirbt oder das Vermächtnis nicht annimmt.
c) Auflage
Auch mit einer Auflage kann einem Erben oder Vermächtnisnehmer eine Verpflichtung auferlegt werden. Obwohl von einer Auflage durchaus jemand profitieren kann, hat der Begünstigte – anders als bei einem Vermächtnis – nicht schon deshalb einen Anspruch auf Erfüllung der Auflage, weil er in der letztwilligen Verfügung bedacht worden ist. Vollziehung der Auflage kann nämlich nur der Erbe, ein Miterbe oder derjenige verlangen, der nach dem Testament die mit der Auflage belastete Zuwendung erhalten hätte, wäre der Begünstigte vor dem Erblasser verstorben. Bei einer Auflage, die im öffentlichen Interesse liegt, kann auch der Staat die Vollziehung verlangen.
d) Teilungsanordnung
Mit einer Teilungsanordnung kann der Erblasser festlegen, wie sein Nachlass unter den Erben verteilt werden soll. Teilungsordnungen sind allerdings selten. Zum einen ist es schwer, die Zusammensetzung des Nachlasses vorherzusagen. Zum anderen führen Teilungsanordnungen zu Geldzahlungspflichten zwischen den Erben, wenn nicht jeder Erbe gleichwertige Gegenstände erhält. Daher wird die Nachlassverteilung auch zwischen Erben meist durch Zuwendung von Vermächtnissen an die einzelnen Erben vorgenommen.
Mit einer umgekehrten Teilungsanordnung kann die Auseinandersetzung des Nachlasses für eine bestimmte Zeit (im Regelfall höchstens 30 Jahre) ausgeschlossen werden.
Wenn sich alle Erben einig sind, können sie den Nachlass auch anders verteilen, als in der Teilungsanordnung vorgesehen. Dann können sie eine Verteilung auch trotz Ausschluss der Auseinandersetzung vornehmen.
e) Testamentsvollstreckung
Der Testamentsvollstrecker ist Treuhänder des Erblassers. Er ist verpflichtet, die Aufgaben, die ihm der Erblasser zugewiesen hat, zu erfüllen. Die wichtigsten Aufgaben, die man einem Testamentsvollstrecker übertragen kann, sind die Erfüllung von Vermächtnissen, die Überwachung der Vollziehung von Auflagen und die Auseinandersetzung des Nachlasses, also kurz gesagt die Verteilung des Nachlasses entsprechend den Vorstellungen des Erblassers. Außerdem kann der Testamentsvollstrecker mit der längeren Verwaltung des Nachlasses, der sog. Dauervollstreckung betraut werden; die Dauervollstreckung kann im Regelfall aber höchstens für 30 Jahre angeordnet werden.
Verstirbt der Testamentsvollstrecker vor dem Erblasser, nimmt er das Amt nicht an oder legt er es später nieder, endet die Testamentsvollstreckung. Um dies zu vermeiden, sollten ein oder mehrere Ersatztestamentsvollstrecker bestimmt werden. Der Erblasser kann die Bestimmung von Testamentsvollstreckern oder Ersatztestamentsvollstreckers auch anderen Personen oder dem Nachlassgericht übertragen. Von dieser Möglichkeit sollte man vor allem bei Dauertestamentsvollstreckung Gebrauch machen, wenn die Testamentsvollstreckung nicht vor der bestimmten Zeit enden soll.
Der Testamentsvollstrecker hat, wenn der Erblasser nichts anderes bestimmt, Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen und auf eine angemessene Vergütung. Dies ist in der Praxis eine häufige Ursache von Streitigkeiten. Sollen Freunde oder Verwandte die Testamentsvollstreckung übernehmen, sind diese aber zum Teil bereit, eine Testamentsvollstreckung auch ohne Entgelt zu übernehmen. Ein vom Nachlassgericht bestimmter Testamentsvollstrecker (oft ein Rechtsanwalt) wird dagegen in der Regel nicht ohne Vergütung arbeiten wollen. Dies gilt umso mehr, als der Testamentsvollstrecker für die ordentliche Erfüllung seiner Pflichten haftet und auch sonst Ansprüchen ausgesetzt ist; beispielsweise haftet der Testamentsvollstrecker für die Erbschaftsteuer, wenn die Erben sie nicht bezahlen.
4. Problemfälle
Soll in bestimmten Problemfällen ein Testament verfasst werden, sind vertiefte Kenntnisse des Erbrechts und praktische Erfahrung erforderlich, damit eine sachgerechte Gestaltung gelingt. Für den Laien ist dies im Grunde unmöglich zu leisten. Besonders in folgenden Fällen sollten Sie eine letztwillige Verfügung nie ohne Beratung errichten:
a) Auslandsberührung
Wenn zum Nachlass Vermögen im Ausland gehört oder der Erblasser (auch) eine ausländische Staatsangehörigkeit oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, kann ausländisches Erbrecht anwendbar sein. Diese Frage ist eigentlich nach dem Internationalen Privatrecht der einzelnen Staaten zu entscheiden, in Europa jedoch für fast alle Staaten einheitlich nach der Europäischen Erbrechtsverordnung.
Danach ist das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Verstorbene im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Andere Rechtsordnungen sehen dies zum Teil anders und stellen auf die Staatsangehörigkeit oder auf den Ort, an dem sich das Vermögen befindet, ab. Hier gibt es eine Vielzahl von Besonderheiten, vor allem dann, wenn Grundbesitz im Ausland zum Nachlass gehört. Es kann sogar sein, dass die in Frage kommenden Rechtsordnungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen (sog. „hinkendes Rechtsverhältnis“) oder die Rechtsnachfolge sich aus der Sicht eines ausländischen Erbrechts für einen Teil des Nachlassvermögens nach dem Recht des einen, für einen anderen Teil nach dem Recht eines anderen Staates richtet („Nachlassspaltung“).
Wir beraten Sie über Gestaltungen, die in Deutschland rechtssicher Ihren letzten Willen umsetzen, auch über die Möglichkeiten, durch eine sog. Rechtswahl die anwendbare Erbrechtsordnung unabhängig von dem Stichtag und von etwaigen Veränderungen des gewöhnlichen Aufenthalts festzuschreiben.
b) Unternehmensbeteiligungen im Nachlass
Beim Zusammentreffen von Gesellschaftsrecht und Erbrecht gilt der Grundsatz „Gesellschaftsrecht vor Erbrecht“. Daher genügt, befinden sich Beteiligungen an Personengesellschaften (GbR, OHG, KG) im Nachlass, ein Testament alleine nicht. Bei der Gestaltung des Testaments muss vielmehr überprüft werden, ob der Gesellschaftsvertrag die geplante Erbfolge überhaupt zulässt. Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung und bei kleinen Aktiengesellschaften kann die Vererblichkeit der Beteiligungen zwar nicht ausgeschlossen, wohl aber in der Satzung festgelegt werden, dass die Erben eines Gesellschafters aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden können. Auch bei diesen Gesellschaften muss daher Rücksicht auf die Satzung genommen werden. Vorsicht ist auch geboten, wenn Unternehmensbeteiligungen im Nachlass sind und Testamentsvollstreckung angeordnet werden soll. Für Handlungen des Testamentsvollstreckers haftet nur der Nachlass, was aber mit einer unbeschränkten Haftung eines Einzelunternehmers oder persönlich haftenden Gesellschafters nicht vereinbar ist. Auch soweit dann trotzdem Testamentsvollstreckung zulässig ist, kann der Testamentsvollstrecker Rechte, die zum sog. Kernbereich der Beteiligung gehören, nicht ausüben.
c) Kinder aus früheren Beziehungen
Hat der Erblasser Kinder aus einer geschiedenen Ehe oder einer sonstigen früheren Beziehung, können – auch wenn das Verhältnis zu den Kindern selbst gut ist – zwei Situationen eintreten, die meist nicht im Interesse des Erblassers liegen.
Zunächst kann über die gesetzliche Erbfolge Vermögen des Erblassers an den ehemaligen Partner fallen. Zwar ist weder der Ehegatte nach der Scheidung noch der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft unmittelbar erbberechtigt. Stirbt aber nach dem Tod des Erblassers auch ein Kind ohne Hinterlassung von Abkömmlingen, ist der ehemalige Partner kraft Gesetzes Miterbe; er kann – wenn das Kind keine Geschwister oder eigene Kinder hatte und nicht verheiratet war – sogar Alleinerbe sein.
Sind Kinder aus der früheren Ehe minderjährig, erhält der ehemalige Partner in der Regel selbst dann die elterliche Sorge, wenn der Erblasser sie vor dem Tod allein inne hatte. Damit obliegt ihm im Rahmen der Vermögenssorge auch die Verwaltung des von Todes wegen erworbenen Vermögens für die Kinder.
Während der Übergang der elterlichen Sorge selbst vom Erblasser nicht ausgeschlossen werden kann, ist die Verwaltung des ererbten Vermögens durch geeignete Gestaltungen zu verhindern. Auch über Lösungen, die die unerwünschten Folgen der gesetzlichen Erbfolge mindern, beraten wir Sie gerne.
d) Überschuldete Erben und Erben, die Sozialleistungen erhalten
Wird eine Person, die Schulden hat, Erbe oder Vermächtnisnehmer haben seine Gläubiger auch Zugriff auf die letztwillige Zuwendung. Erhält jemand, der Sozialleistungen empfängt, eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, kann das dazu führen, dass diese Leistungen eingestellt werden, bis das zugewendete Vermögen aufgebraucht ist. Ein Ausschluss solcher Personen vom Nachlass durch Enterbung ist oft nicht gewollt und führt auch nicht zu dem Ziel, den Nachlass zu schützen. Im Regelfall gibt es aber Lösungen, mit denen der Zugriff der Gläubiger oder das Entfallen der Sozialleistungen verhindert und der Lebensstandard des Bedachten verbessert werden kann. Sprechen Sie uns einfach darauf an.
5. Pflichtteilsrecht
Der Ehegatte des Erblassers, seine Abkömmlinge (auch nichteheliche oder adoptierte) und – sind keine Abkömmlinge vorhanden – die Eltern des Erblassers sind pflichtteilsberechtigt. Das Pflichtteilsrecht gewährt einen Geldzahlungsanspruch, in der Regel gegen den oder die Erben. Dabei wird der Nachlass bewertet. Ein Anteil am Nachlass, der der Hälfte der gesetzlichen Erbquote entspricht, muss als Pflichtteil ausbezahlt werden. Bei der Bewertung des Nachlasses sind auch Gegenstände einzubeziehen, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall vom Erblasser verschenkt worden sind (sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch). Die Frist läuft aber nicht bei allen Schenkungen, z.B. nicht bei Schenkungen an den Ehegatten. Der Pflichtteil wird sofort mit dem Tod des Erblassers fällig. Durch den Pflichtteilsanspruch kann sogar der Nachlass in seinem Bestand bedroht sein, beispielsweise wenn sich ein Unternehmen im Nachlass befindet, und so der Wille des Erblassers letztlich vereitelt werden.
Wollen Sie die unerwünschten Folgen der Pflichtteilsansprüche vermeiden, ist die sicherste Lösung, einen notariell beurkundeten Pflichtteilsverzichtsvertrag zu schließen. Es gibt aber auch andere Gestaltungen, mit denen Pflichtteilsansprüche reduziert werden können. Hierzu beraten wir Sie gerne.
6. Nach dem Erbfall
a) Annahme und Ausschlagung
Mit dem Tod des Erblassers ist ein Erbe unmittelbar Inhaber der Erbschaft. Eine ausdrückliche Annahmeerklärung ist zum Antritt der Rechtsnachfolge nicht erforderlich. Will ein Erbe die Zuwendung nicht erhalten, muss er dagegen tätig werden und die Erbschaft ausschlagen. Die Ausschlagung erfolgt durch notariell beglaubigte Erklärung, die beim Nachlassgericht eingereicht werden muss. Die Ausschlagung muss innerhalb von sechs Wochen, nachdem der Erbe von seinem Erbrecht Kenntnis erhalten hat, beim Nachlassgericht eingehen. Nur ausnahmsweise, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland gehabt oder der Erbe sich im Ausland aufgehalten hat, als er von seinem Erbrecht Kenntnis erlangt hat, beträgt die Frist sechs Monate. Vor einem Erbfall kann die Erbschaft noch nicht ausgeschlagen werden. Hier bleibt nur ein Erbverzichtsvertrag.
Die Ausschlagungserklärung darf nicht unter einer Bedingung oder Befristung erfolgen.
Mit der Ausschlagung entfällt rückwirkend das Erbrecht. Der Ausschlagende wird also so behandelt, als wäre er niemals Erbe geworden. Eine Ausschlagung ist übrigens nicht zwingend erforderlich, wenn der Erbe nur die Haftung seines sonstigen Vermögens für Nachlassverbindlichkeiten vermeiden will.
b) Erbengemeinschaft
Werden durch Gesetz oder letztwillige Verfügung mehrere Personen Erben, entsteht mit dem Erbfall eine sog. Erbengemeinschaft. Der Nachlass wird gemeinschaftliches Vermögen der Erben, an dem die Erben mit ihrer Erbquote beteiligt sind. Sie können über den Nachlass bei den meisten Maßnahmen nur gemeinsam verfügen. Über seinen Anteil an den einzelnen Nachlassgegenständen kann ein Miterbe nicht verfügen.
Besondere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn Minderjährige an der Erbengemeinschaft beteiligt sind. Zur Erbauseinandersetzung und zur Veräußerung von Grundbesitz ist regelmäßig die Mitwirkung von Ergänzungspflegern und die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich.
Eine Erbengemeinschaft ist vom Gesetzgeber auf Beendigung und Auseinandersetzung des Nachlasses angelegt. Jeder Miterbe kann jederzeit die Auseinandersetzung verlangen – das heißt im Extremfall: Teilungsversteigerung. Bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft können steuerliche Nachteile entstehen. Umso wichtiger ist die sorgfältige Nachlassplanung.
c) Erbschein und Europäisches Nachlasszeugnis
Um sein Erbrecht, beispielsweise beim Grundbuchamt oder gegenüber Banken, nachzuweisen, benötigt der Erbe einen Erbschein. Der Erbschein ist ein Zeugnis des Nachlassgerichts über die bisher festgestellte Erbfolge. Befindet sich Vermögen in mehreren europäischen Ländern, beantragt man statt des Erbscheins ein Europäisches Nachlasszeugnis. Die Erteilung eines Erbscheins oder Europäischen Nachlasszeugnisses ändert allerdings nichts an der wahren erbrechtlichen Lage. Stellt sich nachträglich heraus, dass der Erbschein oder das Nachlasszeugnis falsch ist, werden sie wieder eingezogen. Der Erbscheinsantrag und der Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses kann auch bei einem Notar beurkundet werden.
Die Kosten für einen Erbschein sind insgesamt vermeidbar. Sind die Erben durch eine notariell beurkundete letztwillige Verfügung eingesetzt, benötigen sie keinen Erbschein. Wenig bekannt ist, dass die Kosten für den Erbschein fast doppelt so hoch sind wie für ein notarielles Testament – vorausgesetzt der Wert des Vermögens bleibt zwischen Errichtung des Testamentes und Erbfall gleich hoch. Erhöht sich das Vermögen zwischen Testamentserrichtung und Tod, vergrößert sich die Kostendifferenz sogar noch.
7. Steuerliche Fragen
Das Erbrecht hat vielfältige Verknüpfungen zum Steuerrecht. Die folgenden Hinweise auf die wichtigsten von ihnen können natürlich eine steuerliche Beratung nicht ersetzen, sollen vielmehr nur Problembewusstsein wecken.
Dass bei Erbschaften Erbschaftsteuer anfallen kann, ist bekannt. Die Bewertung des Vermögens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer orientiert sich seit 2009 am Verkehrswert. Allerdings spielt auf Grund der hohen persönlichen Freibeträge unter nahen Angehörigen (für den Ehegatten 500.000 €, für jedes Kind 400.000 €, für jeden Enkel 200.000 €) die Erbschaftsteuer bei kleinen oder mittleren Vermögen eine geringere Rolle, als allgemein angenommen. Das gilt umso mehr, als für die „Kernfamilie“ eine Steuerbefreiung für selbstgenutzten Wohnraum besteht und jeder Erbe unter gewissen Voraussetzungen Begünstigungen bei Betriebsvermögen erhält.
Weniger bekannt ist, dass Erbschaften auch einkommensteuerliche Nachteile haben können, beispielsweise wenn durch den Erbfall eine Betriebsaufspaltung aufgelöst wird. Auch bei Auseinandersetzung des Nachlasses kann Einkommensteuer entstehen. Gehört zum Nachlass eine Gesellschaft, die Eigentümerin von Grundbesitz ist, kann in besonders gelagerten Fällen durch den Erbfall auch Grunderwerbsteuer entstehen. Die Erbauseinandersetzung ist zwar im Normalfall grunderwerbsteuerfrei, auch hier gibt es aber Ausnahmen. Die geplante Nachlassregelung muss daher auch immer aus steuerlichem Blickwinkel bedacht werden. Natürlich planen wir dazu Ihre letztwillige Verfügung in enger Abstimmung mit Ihrem Steuerberater.